Kreuzfahrtschiff, Altstadt, Venedig
Symbol für Overtourism: ein Kreuzfahrtschiff vor dem Markusplatz in Venedig. 2021 hat die Lagunenstadt die Riesenschiffe aus der Altstadt verbannt.
imago stock&people

Das Kreuzfahrtschiff ist das Symbol für Overtourism, die Fotos von Riesenschiffen vor der Altstadt Venedigs haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt – und Umweltverschmutzung. Auch wenn es Bemühungen gibt, die Schiffe sauberer zu machen, so schaut die Bilanz aktuell noch schlecht aus: "Wenn man eine Woche mit einem Kreuzfahrtschiff unterwegs ist, emittiert man ungefähr 800 Kilogramm CO2. Das ist ungefähr ein Sechstel von dem, was ein Mensch im globalen Durchschnitt pro Jahr verursacht", erklärte etwa Stefan Gössling, Professor für nachhaltigen Tourismus an der Universität Lund, unlängst gegenüber dem STANDARD.

Karibik, Sandstrand, leere Liegestühle, Meer, Kreuzfahrtschiffe
Philipsburg, Sint Maarten: Frühmorgens, und die leeren Liegestühle warten auf die Passagiere der vielen angedockten Kreuzfahrtschiffe, die im Hintergrund zu sehen sind.
Getty Images

Dennoch boomt die Branche. Laut einer bei der Plattform Statista veröffentlichten Erhebung haben im Jahr 2023 weltweit rund 31,7 Millionen Passagiere diese Art des Reisens gewählt. Ein Spitzenwert, der heuer noch getoppt werden könnte, wenn man den Zahlen von Cruise Market Watch folgt.

Abhängig von ihrer Größe können die gängigen Ozeanriesen im Schnitt zwischen 3000 und 6000 Gäste beherbergen. Die Icon of the Seas, das derzeit größte Kreuzfahrtschiff der Welt, bietet gar Platz für 7600 Gäste. Inklusive der Crew sind fast 10.000 Menschen an Bord des schwimmenden Giganten. Wenn diese auf einen Schlag von Bord gehen, dann kann das an Orten mit einer überschaubaren Bevölkerungszahl schnell zu einem Ungleichgewicht zwischen Kreuzfahrtgästen und Einheimischen führen.

Ungleiches Verhältnis

Vor allem karibische Inseln scheinen von diesem Phänomen betroffen zu sein. Das legen die Daten der UNWTO, Weltorganisation für Tourismus der Vereinten Nationen, nahe. Die winzige Karibikinsel Sint Maarten steht an der Spitze dieser Rangliste. Sie hat eine Bevölkerung von weniger als 43.000 ständigen Einwohnerinnen und Einwohnern, empfängt aber nach Angaben der UNWTO 844.000 Kreuzfahrttouristen pro Jahr, was bedeutet, dass die Zahl der Besucher die der Einheimischen im Verhältnis 20 zu eins übersteigt, wie die britische Daily Mail berechnet hat. Die Insel lebt vom Tourismus und verfügt über einen Hafen, an dem auch besonders große Schiffe anlegen können. Darunter auch die Icon of the Seas. Sie ankerte dort im Jänner.

Kreuzfahrtschiff, Hafen, Passagiere
Passagiere verlassen die Icon of the Seas in Mahahual in Mexiko. Das größte Kreuzfahrtschiff der Welt bietet 7600 Gästen Platz.
REUTERS/PAOLA CHIOMANTE

Die Bahamas stehen mit 13 Kreuzfahrttouristen pro Einheimischen an zweiter Stelle der Liste. Regelmäßig docken zahlreiche Kreuzfahrtschiffe am Hafen in der Hauptstadt Nassau an. Laut Daily Mail bringen diese jedes Jahr dreizehnmal mehr Touristen ins Land, als dort Menschen leben. Auf Rang drei folgen die Britischen Jungferninseln (Virgin Islands). Dort liegt das Verhältnis zwischen Kreuzfahrtgästen und Einheimischen bei 11,47 zu eins. Auf den Amerikanischen Jungferninseln (gleiches Archipel wie die Britischen Jungferninseln) sind es immerhin noch doppelt so viele jährliche Kreuzfahrtpassagiere wie ständige Bewohnerinnen und Bewohner.

Auf den Kaimaninseln wiederum liegt das Verhältnis zwischen Passagieren und Einheimischen bei etwa elf zu eins. Die top fünf rundet der Inselstaat St. Kitts und Nevis auf den Kleinen Antillen ab, wo auf einen Einheimischen statistisch gesehen zehn Kreuzfahrtpassagiere kommen. (max, 18.7.2024)